Stadtwanderung München

München_Theresienwiese

Stadtwanderung München

München_Theresienwiese

Schon viele Male habe ich München besucht. Entdeckte die Gegend zwischen Glockenbachviertel und Maxvorstadt. Dort wohnen meine Freund*innen und innerhalb dieses Radius gibt es so viel zu sehen, befinden sich so viele Museen, daß es Mühe kostet, den Blick auch mal darüber hinaus zu lenken.
Dieses Mal gehe ich zunächst am idyllischen Glockenbach entlang. Die Vögel zwitschern. Bäume und Bach spenden mir wohltuende Kühle angesichts der Sommerhitze. Auch auf dem ganz in der Nähe liegenden Alten Südfriedhof ist es ausgesprochen friedlich und still. Die Bänke werden für ein Nickerchen genutzt. Ich streife zwischen den alten Gräbern hindurch, lese Inschriften. Bin von den Erzählungen auf den Grabsteinen fasziniert. Die Bienen summen derweil ihre Weisen für mich.
Weiter gen Westen spaziert, erreiche ich die Theresienwiese. Gehört hatte ich schon viel von ihr. Gesehen hatte ich sie noch nie. Ihren Namen verdankt sie Prinzessin Therese, der Frau vom späteren König Ludwig. Anläßlich ihrer Hochzeit, 1810, wurde auf besagtem Gelände ein Pferderennen veranstaltet. Seit damals findet dort jährlich im Oktober ein Spektakel statt. Immer mehr Belustigungen kommen hinzu. Das Oktoberfest ist geboren … Kaum vorstellbar, was dann hier los sein mag. Ich ziehe es vor, eine ziemlich öde, riesige Brache vor mir zu sehen. Die Wiese fehlt weitgehend. Aber immerhin: mir weht der Duft zahlreicher Kamilleblüten um die Nase. So schreite ich hinüber, zur sich monumental vor mir erhebenden Figur der Bavaria mit Ruhmeshalle im Hintergrund. Ein paar minderjährige Mädels fragen mich, ob ich sie in die 18,52 Meter hohe, aus Bronze gegossene Figur begleite. Da erst erfahre ich, daß sie – wie die Freiheitsstatue in New York – begehbar ist. Ich lehne jedoch ab und wandle lieber, beschattet, durch die Ruhmeshalle. Es schwindelt angesichts all dieser bayrischen Herren, würdig genug, dort durch Büsten verewigt zu werden.
Weiter geht’s auf der Theresienhöhe gen Norden. Mich rührt das verwitterte Schild in einer verwaisten Grünanlage, welches darauf hinweist, daß Karstadt einst den dortigen Spielplatz sponsorte. Er entspricht bei weitem nicht mehr den heutigen Anforderungen. Erinnert mich um so mehr an die Spielgeräte meiner Kindheit.
Vorbei an unsäglicher Wahlwerbung für die bevorstehenden Landtagswahlen in Bayern erreiche ich den Biergarten des italienischen Lokals Il Castagno. Wie angenehm, dort unter schattigen Kastanien einen Capuccino zu trinken. Die Hackerbrücke schon im Blick.
Gut erholt lenke ich meine Schritte dann über diese wunderschöne Bogenbrücke. Eine Eisenkonstruktion des ausgehenden 19.Jahrhunderts. Auf der anderen Seite der Bahngleise stehe ich schon bald vor dem Tramcafé. Ach hätte ich doch nicht gerade kurz davor eine Pause gemacht… es fällt mir schwer, nicht schon wieder einzukehren, um ein Crêpe zu probieren. Noch auf diese köstlichen Verlockungen konzentriert, nehme ich nebenan eine besondere Zwanziger-Jahre-Architektur wahr. Habe keine Ahnung, um was es sich handelt. Später erst erkenne ich, daß ich am Postpalast vorbeigegangen war. Einem früheren Postzustellamt, auf einer großen Fläche des ehemaligen Marsfeldes errichtet. Besonders attraktiv die zentrale, rundgebaute Haupthalle mit Glaskuppel.
Als nächstes stoße ich auf das Gelände des Zirkus Krone, der hier seit 1919 seinen Stammsitz hat. Ich sinniere über mein großes Staunen, welches mich als Kind erfaßte, wenn ein Zirkus unsere Kleinstadt besuchte. Erinnere die traurig-lustigen Clowns, die trötige Livemusik, die aufregenden Akrobatik-Nummern, den Geruch der Tiere. Das Schlendern über das Gelände, um ein paar Tiere aus der Nähe zu sehen. Damals noch nicht wahrnehmend, daß ihre Haltung nicht artgerecht war. Spannend war für mich zudem die Vorstellung vom Leben in einem Zirkuswagen, vom Reisen mit dem eigenen Haus.
Dann fällt mein Blick auf das Logo der Brauerei Spaten, inzwischen längst fusioniert und aufgekauft… „laß Dir raten, trinke Spaten“ erinnere ich noch als Werbespruch aus dem Radio. In den silberschillernden Kesseln gärt das Bier vor sich hin. Wartet auf die Abfüllung.
Das eigentliche Ziel meines Spazierganges durch München hatte ich nun schon fast aus den Augen verloren. So viel Aufregendes lag bisher schon am Weg. Doch dann kommt es – nach vielen Kilometern doch noch in meinen Blick: Schloss Nymphenburg. Ich nähere mich allmählich. Gehe die schnurgerade, ca.1,5 km lange Auffahrtsallee nördlich eines künstlich angelegten Kanals entlang. Einst Bestandteil der umfangreichen Parkanlage des Schlosses. Im Wasser tummeln sich unzählige dicke Fische. Karpfen? Für einen Besuch der Schlossgebäude und des heute noch vorhandenen Parks bleibt mir leider keine Zeit mehr. Das hebe ich mir als auf, für den nächsten München-Besuch.
Meine inzwischen müde gelaufenen Füße tragen mich dann über die Hubertus-, Washington- und Wilhelm-Hale-Str. gen Süden bis zur S-Bahn-Station Hirschgarten. Und nochmal erwarten mich architektonische Besonderheiten. Der sogenannte Amerikanerblock, um 1930 herum errichtet. Die Paketposthalle, die ziemlich heruntergekommen wirkt. Dafür umgeben von einem verwunschenen Grüngelände.
Nach 11 km Weg stehe ich zu guter Letzt vor einem giganischen Neubau-Areal, Kap-West. Es ist das, was mich auf meiner Tour am wenigsten in Bann zieht. Einfallslose Hochhausarchitektur für das Übliche: Büros. Shopping. Restaurants. Fitness … Aber als Kind unserer Zeit gilt es auf jeden Fall.

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